Canon EOS R Test / Review - Mein erster Eindruck

Von Andreas am 28. April 2019
Mein erster Eindruck von der Canon EOS R, mit der Canon nun seit einiger Zeit auch den Kleinbildbereich bei den spiegellosen Kameras abdeckt.

Auch wenn man es beim Lesen meiner Blogbeiträgen wenig vermutet, ich nutze eigentlich von Beginn an Canon Kameras und habe bis heute auch noch eine 5D Mark IV und diverse Linsen im Einsatz. Vorher waren eine 450D, 60D, 6D und 5D Mark III im Einsatz.

Leider hat Canon für mich in einigen Bereichen außerhalb der DSLRs in den letzten Jahren nie eine wirklich gute Kamera angeboten - ist natürlich meine subjektive Meinung. Im Bridgebereich spielen vor allem Sony und Panasonic oben mit. Bei den APS-C DSLM u.a. Fuji und bei den Vollformat DSLM ist Sony meist vorn. Canon hat diese Bereiche - wie auch Nikon - etwas verschlafen.

Nun gibt es aber seit einiger Zeit die Canon EOS R und inzwischen auch die EOS RP. Die Canon EOS R war für mich eigentlich nicht so interessant. Sensor ist der gleiche wie in der 5D Mark IV, was sicher nicht schlecht ist, aber auch keine Neuheit. Nur ein SD Card Slot ist sicher vielfach ausreichend, auf Hochzeiten und sonstigen einmaligen Events, fühle ich mich inzwischen aber mit den gewohnten zwei Slots deutlich wohler, auch wenn noch nie eine Karte defekt war. Auch das Bedienkonzept mit dem fehlenden Joystick und dafür der neuen Touchbar und dem Toupad fand ich nicht so überzeugend. Zudem erwartet man in der Preisklasse inzwischen auch einen internen Stabilisator (IBIS).

Ein paar positive Aspekte gab es aber natürlich schon: Keine Einschränkungen beim AF der "alten" EF Linsen per Adapter. Neue, scheinbar wirklich gute, wenn auch teilweise sehr teure RF Objektive - soweit zur Theorie.

EOS R im Praxiseinsatz

Nun habe ich doch ein Leihmodell hier bzw. die Mietoption umfasst auch das 24-105 sowie die Adapter und den Batteriegriff. Hier nun meine subjektive Meinung.

Haptik

Die EOS R ist wie bei DSLM üblich deutlich kleiner als die DSLR Modelle. Sie liegt aber trotzdem gut in der Hand und hat einen guten Griff. Auch größere Objektive lassen sich ganz gut mit ihr halten. Im Vergleich zu einer Sony A7iii empfinde ich sie wesentlich besser vom Handling, insbesondere bei größeren Händen.

Bedienung

Die Bedienung ist eine Mischung aus gewohntem Canon Menu, gemischt mit einem ganz neuen Bedienkonzept. Ein- und Ausschalter ist nun links neben dem Sucher als Drehrad, das auch sonst keine weitere Funktion hat. Auf der rechten Seite ist das bekannte Steuerkreuz. Einen Joystick gibt es  nicht, dafür eine Touchbar.

Die Touchbar ist aus meiner Sicht kein Ersatz für den Joystick, da sie ganz andere Funktionen bietet. Den fehlenden Joystick muss man mit dem Touchdisplay kompensieren, was denke ich mit etwas Gewöhnung gut funktioniert. Man kann sich die Touchfunktion auf einen bestimmten Bereich legen, sodass man z.B. mit der rechten Displayseite den AF Punkt verschieben kann. So richtig wohl fühle ich mich aber nicht, ich hätte lieber einen Joystick.

Die Touchbar selber finde ich offen gesagt überflüssig. Ich denke da werden zwar zukünftig per Firmware noch mehr Möglichkeiten kommen die mit Funtionen zu belegen. Aktuell kann man für verschiedene Funktionen die Einstellung über die Touchbar vornehmen und feste Werte auf die linke oder Rechte seite der Bar legen, sodass man z.B. schnell zwischen bestimmten ISO Werten wechseln kann. In der Praxis nutze ich die Touchbar trotzdem so gut wie nie.

Das bekannte Drehrad auf der Oberseite ist nun einem Drehrad gewichen, dass die Funktionen im oberen Display zur Auswahl stellt. Neu dabei ist auch der FV Modus.  Dieser ist eine Mischung aus M und P Modus, da man selber entscheiden kann, welche Werte von Blende, Zeit und ISO  man vorgibt und welche auf Automatik gesetzt werden. Im Prinzip eine wirklich gute Neuerung, aus Gewohnheit nutze ich aber nach wie vor meist AV und M.

Display und Sucher

Beides hat auf mich eine sehr guten Eindruck gemacht. Das Display lässt sich frei drehen, sodass man es auch geschützt nach innen drehen kann für den Transport. Der Sucher bietet ein klares und helles Bild.

Fokus Peaking ist hier finde ich sehr gut zu erkennen und die drei Balken für die manuelle Fokussierung finde ich sehr hilfreich. Was ich etwas vermisst habe ist, dass Fokus Peaking beim Einsatz der Lupe nicht mehr aktiv ist. Beurteilung mit der Lupe, ob es scharf ist, geht sicher auch so. Nachts habe ich diese Funktion aber trotzdem an anderen Kameras geschätzt.

Adapter für AF Linsen

Ein Adapter ist immer eine "Krücke". Ich finde Canon hat es hier aber gut gelöst verschiedene Adapter anzubieten. Die AF Geschwindigkeit scheint tatsächlich keinen Nachteil zu haben. Zudem finde ich die Umsetzung des Einstellringes an dem Adapter klasse, sodass man auch die Blende darauf legen kann. Gehört aber leider glaube ich nicht zum Standard-Paket, hier wird der einfache Adapter mitgeliefert. Wer sonst auch Systeme nutzt, wo die Blende am Objektiv verstellt werden kann, wird das schätzen. Den Adapter mit den Einsteckfiltern habe ich nicht getestet.

Der AF mit den Adaptern funktioniert auch mit den alten EF Linsen meiner Meinung nach sehr gut.

Datenübertragung anstatt zweitem Slot

Canon bewirbt die Datenübertragung als besser und sicherer als einen zweiten Slot, da man ja auf einem anderen Gerät die zweite Sicherung hat. Von der Theorie hört sich das zunächst gut an, aber auch in der Praxis`?

Canon bietet in Sachen Datenübertragung und Sicherung drei Varianten der direkten Sicherung:

  • Man kann die Fotos direkt an ein Smartphone oder Tabelet senden
  • Man kann die Fotos direkt an einen Rechner oder Notebook senden
  • Man kann die Fotos in die Canon Cloud per WLAN schicken

Das Senden in die Cloud hat bei mir trotz WLAN mit VDSL Anschluss sehr lange gedauert, sodass ich diese Option für eine direkte Sicherung nicht sehe.

Das Senden an ein Smartphone geht sehr gut und schnell, leider sieht es hier zunächst nach RAW Files aus, sind aber effektiv nur JPGs. Auch an einen Rechner oder Notebook geht das schnell, hier auch RAWs. Die Frage ist aber, wie man wirklich z.B. eine Hochzeit parallel sichert, wenn man dort diverse Speicherkarten vollknipst. Immer ein Notebook laufen haben ist sicher nicht praktikabel. Smartphone geht, aber aktuell nur mit JPGs, wobei RAWs sicher auch schnell den Speicher ausschöpfen würden.

Autofokus

Den Autofokus empfinde ich als gut und schnell. Was derzeit (noch) nicht für mich auf der Höhe der Zeit ist, sind Eye-AF und Gesichtserkennung. Beides funktioniert nur auf sehr geringe Entfernung. Der Eye AF springt schnell auf den Gesichts-AF über und irgendwann spring das dann ganz von Gesicht weg auf den ganzen Körper. In der Praxis für mich aktuell keine echte Hilfe. Soll aber mit zukünftigem Firmware Update verbessert werden.

Update 26.9.19: Inzwischen ist die Firmware 1.4 erschienen, die vor allem einen besseren Autofokus beinhaltet. Der Eye-AF und Gesichtserkenneung erscheint mir jetzt ähnlich gut wie bei Sony zu funktionieren. Ein AF für Tieraugen oder Gesichterregistrierung ist jedoch nicht dabei.

Was mir an der EOS R besonders gefällt

  • gute Haptik, Verarbeitung und Bedienung
  • gute Unterstützung alter EF Linsen per Adapter und sonstigem Canon Zubehör
  • Sensor wird mittels Vorhang im ausgeschalteten Zustand geschützt
  • Gute Unterstützung beim manuellen Fokusieren
  • Sehr gute Objektive der RF Reihe
  • Bisherige Akkus können weiter genutzt werden

Was ich an der EOS R vermisse

  • Stabilisator in der Kamera (IBIS)
  • zweiten Kartenslot als Backup
  • Joystick hätte ich nach meinem ersten Eindruck doch ganz gern wieder
  • Eye-AF und Gesichtserkennung noch nicht ausgereift

Fazit

Die Canon EOS R ist eine schöne Kamera, bei der Canon neben altbewährten Sachen auch neue Wege in der Bedienung gegangen ist. Zudem wird für das EOS R System ein sehr interessantes Objektsortiment aufgebaut und mittels den Adaptern kann man alte EF Linsen weiter nutzen und dies ohne Einschränkungen. Auch den bekannten Akku anderen Canon Kameras kann man weiter nutzen.

Gleichzeitig muss sich die EOS R am Markt behaupten und steht in Konkurenz zu anderen Systemen wie der Sony A7iii oder Nikon Z. Im Vergleich zur Sony A7iii vermisse vermutlich nicht nur ich den inzwischen fast als Standard anzusehenden IBIS. Auch zwei Kartenslots sind für viele Nutzer inzwischen in diesem Preissegment Standard, wenngleich oftmals nicht zwingend erforderlich. Eye-AF und Gesichtserkennung liegen derzeit noch weit hinter Sony.

Wer einen großen Objektivbestand an Canon EF Linsen hat und diesen auch weiter ohne Einschränkungen nutzen will, muss vermut zum EOS R System greifen. Die Adapter an der Sony für EF Linsen funktionieren zwar gut, haben aber meist ein paar Einschränkungen.

Abzuwarten bleibt auch, wie sich der Bereich an RF Objektiven entwickelt. Aktuell gibt es eine Reihe sehr hochwertiger Linxsen, die aber nochmal rund 1.000,- Euro über den bisherigen EF L Linsen liegen. Ein RF 50 1.2 zu rund 2.400,- ein 85 1.2 zu fast 3.000 Euro. Im Hinblick darauf, dass Canon noch keine echte "Pro" in der R Reihe hat, finde ich den Kauf der RF Linsen aktuell noch sehr mutig, vom Preis mal ganz zu schweigen.

Ich selber bin daher sehr unschlüssig. Mir fehlen die genannten Punkte und ich warte lieber auf die nächste Version der EOS R. Wem diese Punkte egal sind, der kann mit der aktuellen R sicher glücklich werden.

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